Geschichte der Jugendweihe

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Die Geschichte der Jugendweihe in Hamburg

Die Urspr�nge der Jugendweihe

Jugendweihe, ein vielseitig benutzter Begriff. In Lexika wird verwiesen auf 1) eine Feier Freireligi�ser Gemeinden an Stelle der Konfirmation und 2) die 1955 in der DDR eingef�hrte Jugendweihe nach der 8. Klasse (vergl. Dtv-Lexikon 1973; Farbige gro�e Volkslexikon 1981). Vergessen wird dabei die proletarische Jugendweihe, wie sie in Hamburg z. B. seit 1890 gefeiert wird. Allerdings wurde diese Feier in den ersten Jahren bewusst nicht Jugendweihe genannt.

Die erste gro�e Kirchenaustrittsbewegung Deutschlands entstand nach der Ausstellung des �Heiligen Rocks� in Trier. Sie war eng verbunden mit der Entwicklung, die dann auch zur b�rgerlichen Revolution von 1848/49 f�hrte. Liberale religi�se und politische Ideen verbanden sich. Es ging gegen die Orthodoxie und die Negation des wissenschaftlichen Fortschritts, wie sie mehrheitlich von den Gro�kirchen vertreten wurden. Es kam zur Gr�ndung der Deutsch-Katholiken, 1846 auch in Hamburg, die allerdings 1853 wegen Atheismus vom damaligen Hamburger Senat verboten wurden. Noch 1851 konnte, jetzt nannte sie sich Freie Gemeinde, eine Knaben- und M�dchenschule in Hamburg gegr�ndet werden. Hier wurde ein �berkonfessioneller Religionsunterricht erteilt. Die Freie Gemeinde nannte die Aufnahme der Jugendlichen in ihre Gemeinschaft noch �Confirmation�.

Die religi�se Opposition vereinigte sich 1848/49 in den Freireligi�sen Gemeinden. 1850 gab es fast 400 mit etwa 180.000 Mitgliedern. Es entstanden in vielen deutschen L�ndern �Dissidentengesetze� die �berhaupt erst den Kirchenaustritt legalisierten und die Befreiung vom Religionsunterricht regelten. Bald nach der Niederschlagung der b�rgerlichen Revolution von 1848/49 wurden die Freireligi�sen Gemeinden jedoch verfolgt und vielerorts verboten.

Die Entstehung des Namens

Der Begriff �Jugendweihe� wurde Anfang der f�nfziger Jahre des 19. Jahrhunderts von Eduard Baltzer, langj�hriger Sprecher der �freien Gemeinde Nordhausen�, gepr�gt. Er blieb jedoch lange auf Nordhausen beschr�nkt. Erst Mitte der sechziger Jahre wurde der Begriff �Jugendweihe� vereinzelt auch von anderen Gemeinden �bernommen, doch bald wieder von dem alten Begriff �Confirmation� verdr�ngt. Erst gegen Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts setzt er sich bei den Freireligi�sen durch. Dies ging einher mit einem Proze� der Verweltlichung der Gemeinden. Um 1890 nennen die meisten Gemeinden das Fest ihrer vierzehnj�hrigen Kinder �Jugendweihe�.

Proletarische Freidenker und Arbeiterbewegung lehnten den Begriff Jugendweihe zun�chst ab, weil er Vorstellungen von �Segnen� und �Weihen� zul��t. Die Unterscheidung zwischen �Schulentlassungsfeier� und �Jugendweihe� hatte also einen politischen Grund. Die Freireligi�se Gemeinde zu Berlin k�ndigt ihre erste dem Inhalt nach proletarische Jugendweihe 1889 als �Feier der Jugendaufnahme (Confirm)� an. (vergl. ISEMEYER/S�HL 1989, S. 41) Auch 1892 wird in einer Anzeige im �Vorw�rts� vom 26. M�rz 1892 die �Feier der Jugendaufnahme (Konfirmation)� durch die Berliner Freireligi�se Gemeinde angek�ndigt. (ebenda, s. 51)

Die erste proletarische Jugendweihe in Hamburg 1890

In Hamburg wurde im Fr�hjahr 1882 von Sozialdemokraten die �Freidenker-Gesellschaft Hamburg� gegr�ndet. Schon Anfang 1886 wurde versucht, die Einrichtung von Schulen f�r Konfessionslose zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. Dies vor dem Hintergrund, dass es zwar die M�glichkeit zur Befreiung vom Religionsunterricht gab, an den religi�sen Andachten zu Beginn und am Ende des Unterrichts aber trotzdem teilgenommen werden mu�te. Auch die Einf�hrung eines �sittlichen Unterrichts� kam zuerst nicht zustande.

W�hrend sich in Hamburg die Freidenker noch stritten, wurde in Barmbek, damals noch selbst�ndig, heute ein Stadtteil von Hamburg, die erste �ffentliche proletarische Jugendweihe vom Tischler und Gastwirt Peter Blesgen durchgef�hrt. Schon vor 1890 hat Blesgen �proletarische Schulentlassungsfeiern� veranstaltet, an denen aber immer nur einzelne Kinder und wenige Familien beteiligt waren. Blesgen bekleidete unter dem Sozialistengesetz zeitweise die Funktion eines Distriktf�hrers in der illegalen Hamburger Parteiorganisation. Er war einer der Leiter des Hamburger Tischlerstreiks im Jahre 1887 und geh�rte mehreren Arbeitervereinen, zum Teil als Vorstandsmitglied, an, so dem �Fortbildungsverein von Barmbek-Uhlenhorst� und der �Freidenker-Gesellschaft�. Im Hamburger Echo, Jahrgang Nr. 72 vom 26. M�rz 1890 war zu lesen:

�Zur Erinnerung an die Schulentlassung der Kinder, welche nicht konfirmiert werden, war am Montagabend in Barmbek im �Viktoriagarten� eine eigenartige, recht ansprechende und erhebende Familienfeier veranstaltet. An der Feier nahmen 23 entlassene Sch�ler und Sch�lerinnen mit ihren Eltern und sonstigen Angeh�rigen und Freunden, im ganzen 350Ppersonen, teil. Die Einleitung bildeten drei Redeakte �ber die �Bedeutung der Konfirmation�, �Aberglaube und Wissenschaft� und �Das Leben nach der Schulzeit�. Den �brigen Teil des abwechslungsreichen Programms bildeten Chorges�nge der Liedertafel des Fortbildungsvereins Barmbek, diverse Soli, Quartettges�nge, Terzetts, Duetts, ernste und humoristische Vortr�ge. Zum Schlu� wurden Schattenbilder vorgef�hrt. Zwischendrein fand eine gemeinschaftliche Festtafel statt, bei welcher selbstverst�ndlich ebenfalls von mehreren Seiten der Bedeutung des Tages entsprechende Toast ausgebracht wurden. Der ganze Eindruck des Festes war ein so vorz�glicher, dass es wohl allen Teilnehmern lange im Ged�chtnis bleiben wird, vor allem aber den teilnehmenden der Schule entwachsenen Kinder, denen die ernsten ermahnenden Worte hoffentlich recht tief im Ged�chtnis haften und ihnen ein Sporn sein werden, sich in der Zukunft zu recht t�chtigen und brauchbaren Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft zu entwickeln.�

Nach dieser ersten �ffentlichen Jugendweihe-Feier wurde in der Freidenker-Gesellschaft am 31. M�rz 1890 diskutiert: �Ist es w�nschenswert, da� wir Freidenker Festlichkeiten unter uns einf�hren?� Die Diskussion ist uns durch das Protokoll eines Spitzels der politischen Polizei erhalten geblieben.

�Ich bin der Ansicht, keine Feste zu feiern, auch nicht die Konfirmation, denn ein aufrichtiger Freidenker kann die Konfirmation nicht als Festlichkeit betrachten. - Ich bin auch gegen alle gemachten Feste ..., welche ... doch nur zum Zwecke des Saufens und Fressens dienen. Ich bin entschieden dagegen. - F�hrt Z. an, da� er Gegner aller Festlichkeiten sei, doch w�rde er daf�r sein, dass man betreffend der ... aus der Schule entlassenen Kinder ein kleines Fest veranstalte ... Wir wollen dies auch nicht ein Fest nennen, wir wollen ja nur den Kindern einige gute Worte mitgeben. - S. stellt den Antrag, den aus der Schule entlassenen Kindern ein Geschenk in Form eines Buches freidenkerischer Richtung zu machen, zu welchem Zweck ... ein Fest im Sinne einer Versammlung zu veranstalten ist. - F�r uns ist die Natur das, was f�r andere das Gotteshaus ist. Doch bin ich daf�r, die Konfirmation zu feiern, um nicht unsere Kinder anderen gegen�ber zur�ckzusetzen.�

Die Anf�nge des Jugendunterrichts

Durchgesetzt haben sich wohl die Gegner einer Feier, denn zeitgleich mit den Anmeldungen f�r den Konfirmandenunterricht beginnt die Freidenker-Gesellschaft Ende September 1890 mit einer monatelangen Agitation f�r die Einf�hrung eines regelm��igen Jugendunterrichts. Von einer Feier war keine Rede. Es erscheinen Aufrufe im �Hamburger Echo� sowie ein Flugblatt �Mahnwort an alle�, welches mit den Worten schlie�t:

�... ihr Einwohner Hamburgs, bet�tigt euren Sinn f�r die Befreiung der Menschheit. ... Die k�nftige Generation mu� frei und unabh�ngig sein, darum entzieht eure Kinder der kirchlichen Taufe, entfernt sie vom Religionsunterricht und schafft ein �freies, unabh�ngiges Geschlecht�, das auf dem von den Vorfahren gepfl�gten Boden s�en und ernten kann zum Nutzen der Kultur und zum endlichen Frieden der Menschheit auf Erden!�

Die Feier 1891

An dem Unterricht der Freidenker-Gesellschaft nahmen im Fr�hjahr 1891 etwa 300 Kinder teil. Die Schulentlassungsfeiern in Barmbek und Hamburg besuchten aber nur etwa 70 Kinder. Zumindest hatten die Freidenker es ihren Mitgliedern freigestellt, an der Feier teilzunehmen oder nicht. Wieder war es Peter Blesgen, der sowohl die Feier in Barmbek mit etwa 30 Kindern als auch die Feier in Hamburg mit etwa 40 Kindern gestaltete. Die Ursachen f�r die Nichtteilnahme der anderen Kinder, die am Unterricht teilgenommen hatten, ist nicht �berliefert. Es m�gen mehrere Gr�nde gewesen sein. Sicherlich haben auch Kinder am Unterricht teilgenommen, die j�nger waren und noch nicht die Schule verlie�en. Aber auch finanzielle oder prinzipielle Gr�nde m�gen Eltern bewogen haben, nicht an der Feier teilzunehmen.

Veranstalter beider Feiern war die Freidenker-Gesellschaft, Festredner jedesmal Friedrich Thei�, von Beruf Schmied. Er hatte den gro�en Hamburger Schmiedestreik unter dem Sozialistengesetz geleitet und geh�rte zu dem kleinen Kreis sozialdemokratischer Freidenker, die sich schon 1887 um einen weltanschaulichen und sittlichen Jugendunterricht im Sinne der Freidenker bem�hten. Er war ein Arbeiter, der den Eltern bekannt war und dessen Leben und Wirken den Kindern als Vorbild dienen konnte.

In den wenigen �berlieferten Angaben zum Inhalt der Festrede lassen sich folgende Grundgedanken erkennen: Es bed�rfe zur Schulentlassung nicht des Segens des Priesters, denn die sittlichen Normen seien nicht an die Religion gebunden. Es folgte eine Darlegung der ethischen Maximen der Freidenker. Dabei l��t Thei� erkennen, dass die Arbeiterklasse Tr�gerin einer h�heren Moral ist. Sp�ter lehnt sich Thei� an den Text der Audorfschen Arbeiter-Marseillaise an, das damals am meisten gesungene Kampflied der deutschen Arbeiterbewegung.

Die kulturelle Umrahmung besorgte das Festspiel �Die Arbeit� von Jakob Stern. Es stellt allegorisch die Rolle der Arbeit f�r die Entwicklung des Menschen und der menschlichen Gesellschaft sowie die verheerenden Wirkungen der Arbeit unter kapitalistischen Ausbeutungsverh�ltnissen dar. In beiden Feiern wurden auch durch �lebende Bilder� Bestrebungen und K�mpfe des Proletariats verdeutlicht. Besonders das Bild �Zum Andenken an den 1.Mai� erzielte einen durchschlagenden Erfolg. 1890 war der 1. Mai zum ersten Mal als internationaler Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse begangen worden. F�r die beiden Jugendweihen 1891 l��t sich auch aus den Polizeiakten nachweisen, dass die Kinder zur Erinnerung �ein Buch mit rotem Umschlag� erhielten.

Die Einf�hrung eines Lehrplans

Im Herbst 1891 wird die Freidenker-Gesellschaft erneut aktiv und wirbt intensiv durch zahlreiche Volksversammlungen von Ende September bis Ende November f�r den �Sittenunterricht�. Neu ist diesmal, dass die Hamburger Freidenker-Gesellschaft erstmals mit einem detaillierten Lehrplan f�r den Jugendunterricht auftritt. Im �Hamburger Echo� wir dieser Lehrplan unter der �berschrift

�Ideen �ber den Lehrplan eines moralisch-ethischen Kinder-Unterrichts als Ersatz der theologisch-dogmatischen Religionslehre�

am 30. August 1891 in Ausz�gen ver�ffentlicht. Sp�ter gibt die Freidenker-Gesellschaft den vollst�ndigen Text des Lehrprogramms als Brosch�re mit dem Titel

��ber die N�tzlichkeit und Notwendigkeit eines moralisch-ethischen Kinder-Unterrichts als Ersatz der theologisch-dogmatischen Religionslehre�

heraus.
Dieser Hamburger Lehrplan von 1891 ist ein wichtiges erziehungsgeschichtliches Dokument. Es ist das erste von der deutschen Arbeiterbewegung f�r den Jugendunterricht geschaffene Lehrprogramm. Ausgegangen wird von der Kritik an der bestehenden Schule.

�Allen denkenden Eltern ist sehr wohl bewu�t, dass die Schule in ihrer jetzigen Verfassung teils ihrer Aufgabe nicht v�llig entspricht, teils, vom Standpunkt der Arbeiterpartei aus betrachtet, direkt sch�dlich wirkt�

(Hamburger Echo vom 29.11.1891) Kritisiert wird in erster Linie die dominierende Stellung der Religion in der Schule. Der Religionsunterricht nehme in der Schule �einen ungeb�hrlich breiten Raum ein� und durchdringe alle Lehrdisziplinen. S�mtliche Unterrichtsf�cher w�rden den jahrtausendealten religi�sen Lehren gem�� �zurechtgestutzt�. Der naturkundliche Unterricht sei ungen�gend und unwissenschaftlich.

Ein Vater berichtet, er h�tte seinem Jungen die Entstehung des Regens erkl�rt und es ihm an einem Kochtopf gezeigt. In der Schule aber h�tte der Lehrer die Entstehung des Regens vom lieben Gott abh�ngig gemacht. Au�erdem werde die Religion missbraucht, um den Arbeiterkindern ihre benachteiligte soziale Stellung als unab�nderlich - weil gottgewollt - darzustellen.

Im Lehrplan von 1891 wird daher auch Kritik ge�bt an den Inhalten der Schulb�cher, welche

�darauf berechnet sind ..., die Klassengegens�tze als etwas Notwendiges, Nat�rliches, ja von Gott Eingesetztes darzustellen und einzupr�gen.�

Weiter richtet sich die Kritik der Freidenker gegen die militaristische Erziehung und chauvinistische Verhetzung der Kinder in der Schule des wilhelminischen Kaiserreiches.

�Durch den Geschichtsunterricht ... und manches andere wird Chauvinismus und falscher Patriotismus geschaffen und gen�hrt, der im Kriege etwas Notwendiges und Berechtigtes sieht. Der Inhalt der Leseb�cher unterst�tzt dies ... Was da geleistet wird, ist, abgesehen von den elementaren Kenntnissen des Lesens, Schreibens und Rechnen h�chst d�rftig. ... Realien, z. B. Zeichnen, Geometrie usw. gehen nicht �ber die primitivsten, notd�rftigsten Anfangsgr�nde hinaus. ... Der Geschichtsunterricht spricht von lauter Schlachten und kriegen, aber nichts von Kulturbestrebungen der Menschheit, Physik, Chemie und Volkswirtschaft - kaum ein Gedanke, Naturlehre so primitiv, dass die meisten eine Blindschleiche f�r eine Schlange halten, eine Tanne von einer Fichte ... nicht unterscheiden k�nnen. Psychologie und Anatomie des Menschen (d.h. die Lehre von der Beschaffenheit und den Bau des menschlichen K�rpers) und Gesundheitslehre, so wichtig diese Dinge auch sind, keine Spur, ebensowenig wie Himmelskunde (Astronomie), Lehre vom Bau des Weltalls und der erde und Entwicklungsgeschichte des organischen Lebens, das ist das allm�hliche Entstehen der Pflanzen- und Tierwelt bis zum Menschen (Morphologie, Phylogenie, Anthropologie, Anthropogenie) und so fort, wie nun alle die Wissenschaften hei�en m�gen, deren Grundbegriffe jeder Gebildete kennen muss.� (Lehrplan S. 9/10)

Eben diesen M�ngeln versuchten die Freidenker in ihrem Unterricht entgegenzuwirken, wobei das wichtigste Ziel war, die Kinder �ber die M�ngel der bestehenden Gesellschaftsordnung aufzukl�ren. Wie dies geschah, ist wiederum einem polizeilichen Protokoll einer Unterrichtsstunde vom Fr�hjahr 1893 zu entnehmen.

�Im Lokal des Gastwirts von Salzen, Caffamacherreihe Nr. 7, fand am Sonntag, dem 12. d. Mts., nachmittags 2.15 Uhr, eine Zusammenkunft von Kindern beiderlei Geschlechts der Mitglieder des Vereins der Freidenker statt. Ein Mitglied des genannten Vereins, namens Hartmann, hielt Vortrag (sogenannte Sittenlehre)...), ... ging p. Hartmann zum eigentlichen Vortrag, welcher das Thema �Volks- und Staatswirtschaft� behandelte, �ber.
Ankn�pfend an den am Sonntag, dem 5. d. Mts., stattgefundenen Vortrag �ber �Die Revolution von 1848 in Deutschland� erkl�rte p. Hartmann, dass der Sozialdemokratismus ein Nachla� der vorerw�hnten Revolution sei.
Hartmann erkl�rt ferner den Kindern die preu�ische Staatseinrichtung und erw�hnte, dass dieselbe aus dem Herrenhause, welches die rechte Hand der Regierung sei, und den Abgeordneten bestehe. Diese seien jedoch Leute, welche entweder Grundeigentum bes��en oder sonst mehr beg�tert w�ren und von den Leiden des Volkes keine Ahnung h�tten oder haben wollten. Eine Errungenschaft von 1848 sei das jetzige geheime Wahlrecht. Doch wie werde es h�ufig gehandhabt? Zuerst seien die sogenannten Stimmzettel sehr zu bem�ngeln, denn wer einigerma�en Scharfblick bes��e, k�nne, ohne den darauf gedruckten Namen gelesen zu haben, gleich sehen, welcher Partei der Stimmzettel angeh�re. Ferner sei es schon vorgekommen, dass ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitern zur Wahlurne gegangen und diesen Stimmzettel seiner Partei in die H�nde gedr�ckt habe. Auch ist den Arbeitern von ihren Brotherren die Zeit zur Gen�gung ihrer Wahlpflicht verweigert worden. Wo bleibt aber bei diesen Ma�regelungen das geheime Wahlrecht, dieses kostbare Kleinod der Arbeiterklasse, damit es bewahrt bleibe und nicht angetastet werde.
Vor mehreren Jahren sei ein Gesetz aufgehoben worden, welches die nach Recht und Wahrheit strebenden Menschen unterjochen sollte, doch habe dieses nur bezweckt, dass die Sozialdemokratie zu einer Macht angewachsen, wie es die Gegner nie getr�umt. Es sei Recht und Pflicht eines jeden Deutschen, das Rechtsgef�hl der Armen aufrechtzuerhalten, die schlechten, veralteten Gesetze zu beseitigen und gute hierf�r einzusetzen.
Hiernach beendet p. Hartmann seinen Vortrag, welcher von 2.15 bis 3.30 Uhr dauerte.�

Doch die Hamburger Freidenker-Gesellschaft machte sich nicht nur Gedanken �ber die Inhalte des Jugendunterrichts, sondern auch �ber deren Vermittlung. Auch wurde bedacht, dass die Kinder teilweise durch Schule und Elternhaus biblische Vorstellungen mitbringen. Diese einfach nur l�cherlich zu machen, war nicht ihr Ziel. Die Kinder sollten durch selbst�ndiges Denken dazu bef�higt werden, den historischen Charakter der Religion zu erkennen.

Es wurde sich auch besonders um Anschaulichkeit bem�ht, was f�r die kleine und arme Freidenker-Gesellschaft nicht immer einfach war. Der Unterricht wurde unentgeltlich erteilt. Nur der Verkauf es Lehrplans brachte etwas Geld. So er schien ein Aufruf, in dem um Spenden f�r Lehr- und Lernmittel gebeten wurde.

�Wir wenden uns ... an alle Gesinnungsgenossen mit der herzlichen Bitte, unser Unternehmen mit Lernmitteln zu unterst�tzen. Wer w�rde nicht irgend etwas Entbehrliches, f�r unsere Zwecke Taugliches besitzen, B�cher, Bilder, Karten, Globen, Naturalien jeder Art, alles ist willkommen, Alles ist ein Beitrag zu dem guten Zwecke. Vielleicht k�nnte uns jemand eine Laterna magica schenken mit Bildern aus der Entwicklungsgeschichte der Erde, astronomischen Bildern.�

Im Vergleich mit dem Lehrplan von Bruno Wille (Er war Herausgeber der Zeitschrift �Der Freidenker� und gr�ndete 1890 die �Freie Volksb�hne Berlin� und 1901 die �Freie Hochschule�) zeigt sich, dass neben den inhaltlichen und p�dagogisch/didaktischen �bereinstimmungen auch einige Unterschiede augenscheinlich sind. Sie resultieren offensichtlich aus dem jeweiligen Ursprung. In Berlin sind es die Freireligi�se Gemeinde und in Hamburg die Freidenker, welche verantwortlich zeichnen. So werden in Hamburg die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Weltanschauung st�rker betont, als Ziele werden die der Arbeiterbewegung genannt.

Der Lehrplan ist unter der Leitung der Unterrichtskommission der Freidenker-Gesellschaft ausgearbeitet worden, an deren Spitze zu dieser Zeit Friedrich Thei� steht. Der Verfasser ist Alois Stocklassa, ein f�r den Jugendunterricht neu gewonnener Lehrer.

Der Jugendunterricht nach dem neuen Lehrplan

Anfang Oktober 1891 beginnt der Unterricht erneut, diesmal auf der Grundlage des neuen Lehrplans. Zu der Einf�hrung in den Unterricht sind auch die Eltern eingeladen. (Artikel aus dem Hamburger Echo vom 8.10.1891)

Freidenker-Gesellschaft Hamburg. Am Sonntag, 4. Oktober, Nachmittags gegen halb 5 Uhr, fand im Lokale des Herrn von Salzen eine kleine Er�ffnungsfeier f�r den Wiederbeginn der Unterrichtsstunden f�r Kinder statt. Es waren ca. 50 Kinder, meistens in Begleitung ihrer Eltern erschienen. Nachdem die munteren Kleinen an zwei langen Tafeln Platz genommen hatten und mit Kaffee und Kuchen traktiert worden waren, fand zun�chst durch Herrn Reddehase eine kurze kernige Begr��ung der Anwesenden statt, an der sich weitere Ansprachen der Herren Stocklassa, Koelbig, Thei� und Jungbluth anschlossen. Zwischendurch fanden einige vorgetragene Musikst�cke und Deklamationen den ungetheilten Beifall der kleinen und gro�en Anwesenden, von denen ein teil noch recht lange beisammen war. Nachdem im Laufe des Beisammenseins die anwesenden Eltern ihre Ansicht �ber die zweckm��ige Zeit f�r die Unterrichtsstunden ge�u�ert hatten, fand schlie�lich ein �bereinkommen dahingehend statt, da� zun�chst s�mtliche Kinder von Hamburg-Eimsb�ttel und Rothenburgsort am Sonntag, 11. Oktober, Vormittags _ 10 Uhr, sich bei Herrn von Salzen einzufinden haben. ... F�r Barmbek findet am 11. Oktober die Er�ffnungsfeier des Unterrichts im Viktoria-Garten statt und wurde hierzu ebenfalls eingeladen, gleichfalls zu einer �ffentlichen Volksversammlung, die zu Mittwoch, 7. Oktober nach Koppelmanns Lokal, Wandsbeker Chaussee 197, ... einberufen wird. Den Kindern wurde schlie�lich noch auseinandergesetzt, da� etwaige Aeu�erungen ihrer Mitsch�ler oder Lehrer dahin, da� sie Heiden seien, nicht ernst zu nehmen, sondern dahin zu erwidern h�tten, da� es besser sei, zu braven intelligenten Heiden, als zu schlechten Christen erzogen zu werden. Etwaige unzul�ssige Behandlung oder Ma�regelung der Kinder, die auf den Umstand zur�ckzuf�hren sind, da� diese vom Religionsunterricht in der Schule dispensiert wurden, sind sofort an die Adresse des Herrn Thei�, Br�derstra�e 10, zu berichten, damit Remedur geschaffen wird.�

Es wird die besondere Lage der Kinder er�rtert, welche vom Religionsunterricht abgemeldet sind. Sie haben teilweise Kr�nkungen durch Mitsch�ler zu erdulden, werden auch von Lehrern und Schulleitern schikaniert und blo�gestellt. Stellvertretend sei ein Brief des Schulleiters Meyer an die Oberschulbeh�rde zitiert:

�Hamburg, den 23. Februar 1891
Betrifft: Mitteilung �ber Kinderversammlungen bei dem Wirte Blesgen an der Oberaltenallee 76 K. Soweit ich in Erfahrung gebracht habe, werden in der Oberaltenallee 76 K. bei dem Wirte Blesgen am Mittwoch Nachmittagen Zusammenk�nfte von Kindern jeglichen Alters und beiderlei Geschlechts abgehalten abgehalten und ...in der �Freidenkerei�, in der �Wahrheit� unterrichtet. Es geht darauf hinaus, ihnen den Gottesglauben zu rauben, das beten zu entwerten etc. etc. Die Versammlungen werden von ca. 60 Kindern besucht. Aus meiner Schule habe ich ca. 10 Kinder ermittelt. Dies eine Hohen Ober-Schul-Beh�rde mitzuteilen h�lt f�r seine Pflicht
gehorsamst R. Meyer, Hauptl.�

In Wandsbek, heute ein Stadtteil von Hamburg, findet die erste Unterrichtsstunde im Lokal des Sozialdemokraten Carl Schley mit 84 Kindern statt, nachdem am 15.2. 1892 dazu aufgerufen worden war. Im b�rgerlichen �Hamburger Fremden-Blatt� wird dieser Unterricht durch einen �sozialistischen Agitator� gemeldet und f�hrt dazu, dass sich in der Schule alle Kinder melden m�ssen, die den Unterricht besucht hatten. Im �Hamburger Echo� vom 3.3.1892 wird berichtet:

�Es erfolgten scharfe Verwarnungen vor fernerer Teilnahme, zum Teil sogar Bestrafungen. Pastor Kedenburg soll mit Verweigerung der Konfirmation gedroht haben, was nach dem Landesgesetz ein weiteres Jahr Schulzwang bedeuten w�rde.�

Der Pastor erstattet Anzeige gegen diese Versammlungen, welche offenbar den Zweck h�tten, in antireligi�sem Sinne zu wirken. Es w�rde von der Bildung des Sonnensystems gesprochen und atheistische Grunds�tze verbreitet.

Am folgenden Sonntag verhinderten 11 Polizisten, dass Stocklassa den Unterricht fortsetzt. Das �Hamburger Echo� berichtet weiter:

�Eben hatte Stocklassa die Lehrstunde, zu welcher sich ca. 50 Kinder und einige Eltern eingefunden hatten, er�ffnet, da wurde die T�r aufgerissen und herein st�rmten sechs Schutzleute, an ihrer Spitze Herr Kommissar Kanzlivius. Vier weitere Beamte bildeten vor der T�r Spalier. �Was machen Sie hier?� fragte der Kommissar. �Ich unterrichte�, erwiderte Stocklassa. �Was Lehrern Sie?� �Naturwissenschaften:� �Haben Sie dazu eine Erlaubnis, und wer hat sie damit beauftragt?� �Die Eltern der anwesenden Kinder, eine Erlaubnis brauche ich nicht.� �Das wird sich finden, ich erkl�re die Versammlung f�r aufgel�st� Sich an einen Beamten wendend: �F�hren Sie den Mann zur Wache!��

Da die Proteste beim Oberb�rgermeister der Stadt Wandsbek nichts fruchteten, wird der Unterricht nach Eilbek verlegt, in das Lokal der Witwe Tange, Wandsbeker Chaussee 244, hart an der Wandsbeker Grenze. Im Hamburger-Echo erscheint ein Aufruf an die Arbeitereltern, nun erst recht ihre Kinder in den Unterricht zu schicken.

�Genossen von Wandsbek! Lasset euch nicht abschrecken. Gerade das Vorgehen von Lehrerschaft, Geistlichkeit und Polizeigewalt zeigt Euch, da� ihr auf dem richtigen Weg seid! Harret aus und gebt euren Kindern das Wissen, das ihnen die Schule vorenth�lt und das ihnen noch mehr beschnitten werden soll.�

Die Jugendweihe 1892 und das allegorische Festspiel

Die Feiern des Jahres 1892 werden erstmalig unter dem Namen �Schulentlassungsfeier� angek�ndigt, der in den folgenden Jahrzehnten beibehalten werden sollte. In den zwei Jahren vorher war die rede von �Familienfestlichkeit aus Anlass des �bertritts der Kinder aus der Schule ins Leben� oder von �Familienfeier zur Erinnerung an die Schulentlassung der Kinder, die nicht konfirmiert werden�.

In einem Artikel im Hamburger Echo vom 30. M�rz 1892 wird ausdr�cklich betont, dass an der Schulentlassungsfeier nur diejenigen Kinder teilnehmen d�rfen, welche nicht konfirmiert sind. In den Unterricht durften auch konfirmierte Kinder kommen.

F�r die Schulentlassungsfeier 1892 schaffen die proletarischen Freidenker Hamburgs ein eigenes allegorisches Festspiel. Es ist das erste Jugendweihe-Festspiel der deutschen Arbeiterbewegung. Der Text ist leider verlorengegangen. Doch lasse sich durch die vorliegenden Berichte der Polizei und kurze Zeitungsartikel die Art und der Inhalt des Spieles rekonstruieren. (vergl. KRAPP, S. 221ff). Das Spiel bestand aus acht Bildern und wurde als Ganzes, ohne Schlie�en des Vorhangs, von den Jugendlichen und Erwachsenen aufgef�hrt.

Die weitere Entwicklung bis 1945

Im Verlauf der Spaltung der Arbeiterbewegung kam es auch in der Jugendweihe in Hamburg immer wieder zu Spaltungen. In Interviews mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Jugendweihen in Hamburg in den zwanziger Jahren wurde mir von den Inhalten des Unterrichts insbesondere folgende Themen genannt:
- Entstehung und Entwicklung der Erde
- Entstehung des Gottesglaubens und der verschiedenen Religionen - Die Entwicklungsgeschichte der Menschheit
- Gespr�che zum Thema Sexualit�t, was damals wohl etwas ganz besonderes war. Eine Teilnehmerin erinnerte sich an ein B�chlein von Hodann �Bub und M�del�
- Die Notwendigkeit der gewerkschaftlichen und politischen Organisierung
(vergl. auch KUTZ-BAUER/NEUMANN, S. 57 ff)

1921 wird die sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe gegr�ndet. Schon 1922 nahmen etwa 1.200 Kinder an der Feier teil, 1923 waren es schon 1.500 und 1924 bereits 1.700. Der H�hepunkt war 1929 mit 2.600 Kindern, was bedeutete, dass etwa ein F�nftel aller Schulabg�nger an den Jugendweihen der Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe teilgenommen haben.

Sofort nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde, wie so viele andere Organisationen der Arbeiterbewegung, die Jugendweihe in Hamburg verboten. Der begriff der Jugendweihe muss von den Nationalsozialisten vereinzelt regional weiter benutzt worden sein. Genauere belege fehlen mir bisher. Dies soll bei Feiern der �bernahme vom Jungvolk zur Hitlerjugend der Fall gewesen sein. Es ist wohl sehr bald umbenannt worden. Ich w�rde mich �ber genauere Angaben und Hinweise freuen.

Die Jugendweihe in Hamburg nach 1945

Schon bald nach der Befreiung 1945 trafen sich verschiedene Anbieter von Jugendweihen, die den Faschismus �berlebt hatten, und gr�ndeten die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe neu. Diesmal sollte sie alle verschiedenen Richtungen unter einem Dach vereinigen. Es sollte in Hamburg nur noch einen Anbieter von Jugendweihen geben.

Im Jahre 1946 fand die erste �ffentliche Jugendweihe im Capitol Hoheluft statt. Schnell konnte sich die Arbeit konsolidieren. Die Nachfrage stieg von Jahr zu Jahr. Ihren H�hepunkt erreichte sie 1953 mit mehr als 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Danach sanken die zahlen kontinuierlich. Ende der siebziger lagen sie bei 750 um schlie�lich bis heute auf etwa 250 Jugendliche zu sinken. Die Gr�nde zu benennen f�llt schwer. Sicher sind es viele. So gab es einfach weniger Jugendliche, aber auch immer mehr Familien verzichteten ganz auf eine Familienfeier f�r die Jugendlichen. Auch die zahlen bei den Konfirmationen gingen zur�ck. Sicherlich gab es auch zunehmend Irritationen in der Bev�lkerung, als ab 1953 in der DDR die Jugendweihe fl�chendeckend eingef�hrt wurde.
1982 kam es zu einer Abspaltung der Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe. Die Jugendweihe Hamburg wurde gegr�ndet. Vorausgegangen waren ein langj�hriger Streit �ber die Feiern, wie feierlich sie sein m�ssten, wie politisch sie sein d�rften. Einigkeit herrschte, dass Parteipolitik in der Jugendweihe nichts zu suchen hatte. Aber mussten die Feiern nur feierlich sein? Junge Menschen, die in den Jahren der Studenten- und Sch�lerbewegungen Ende der 60ger und Anfang der 70ger politisiert wurden, kamen nun als Kursusleiterinnen und Kursusleiter zur Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe. Sie wollten die Themen aus den Kursen auch auf den Feiern zum Inhalt machen. Esther Bejarano, letzte �berlebende des M�dchenorchesters von Auschwitz sang ihre Lieder, Jugendarbeitslosigkeit und Atomkraft, Frieden und Gleichberechtigung waren solche Themen.

Nach der Feier 1981 kam es zum Eklat. Eine Minderheit von fast ausschlie�lich �lteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konnte sich nicht durchsetzen und ging. Seitdem gibt es in Hamburg, was der �ffentlichkeit kaum verst�ndlich gemacht werden kann, zwei Anbieter von Jugendweihen.

In Vorbereitung der 100 Jahr Feier 1990 gelang es, wieder ein gemeinsames Kursusverzeichnis und eine gemeinsame Feier zu veranstalten. Diese Gemeinsamkeit hielt noch ein Jahr. Nach der Feier 1991 verabschiedete sich die Jugendweihe Hamburg wieder einseitig. Dies f�hrte dann dazu, dass viele ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch ehemalige Vorsitzende der Jugendweihe Hamburg e.V., wieder zur�ck zur Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe gingen.

Die Inhalte der Jugendweihearbeit heute

Mit dem folgenden Text wirbt die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe in Hamburg f�r Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihren in den Stadtteilen stattfindenden Kursen zur Vorbereitung auf die Feier: Seit 110 Jahren bieten wir, die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe Hamburg e.V., Jugendweihe als Alternative zur Konfirmation, als weltliche Feier f�r konfessionslose Familien und vorbereitende Kurse f�r die Jugendlichen an. In seinem Gru�wort zur Feier 100 Jahre Jugendweihe in Hamburg schrieb Dr. Henning Voscherau:

�Vor 100 Jahren fand am 24. M�rz 1890 f�r 23 schulentlassene Jugendliche die erste �ffentliche Jugendweihe in Hamburg statt. ... Die Jugendweihe, entstanden auf Initiative von Freidenkern und Freireligi�sen als Gegenst�ck zur kirchlichen Konfirmation oder Kommunion, und die Kulturbestrebungen der Hamburger Arbeiterschaft haben gemeinsame Wurzeln: beide wehten sich gegen die staatliche Obrigkeit des 19. Jahrhunderts. Der Kampf um Jugendweihe und die Vorbereitungskurse entsprangen dem Aufbegehren gegen die rechtliche und soziale Benachteiligung weiter Bev�lkerungskreise. So ist das Ringen um die Durchsetzung der Jugendweihe auch ein St�ck Geschichte der Demokratiebewegung. ...�

Die Jugendweihe entstand im vorigen Jahrhundert als Antwort von Freidenkern, Freireligi�sen (heute Freie Humanisten) und der Arbeiterbewegung auf die kirchliche Konfirmation. 1890 feierten konfessionslose Hamburger Familien zum ersten Mal eine weltliche Jugendfeier. Sie grenzten sich damit von den Dogmen der Kirche ab, die f�r ihre Unterdr�ckung mitverantwortlich waren.

Mit der Spaltung der Arbeiterbewegung durchlief die Jugendweihe in der Folgezeit alle Str�mungen, H�hen und Tiefen. Sie wurde vor 1933 in Hamburg von vielen unterschiedlichen Organisationen und Parteien angeboten. Erreicht wurden damit fast die H�lfte aller Schulabg�ngerInnen. In der Zeit der Nazidiktatur war diese Jugendweihe verboten. Mit faschistischen Inhalten umgem�nzt, haben die Nazis die Jugendweihe f�r ihre Zwecke mi�braucht.

Nach der Befreiung 1945 einigten sich alle, nur noch gemeinsam die Jugendweihe anzubieten. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe wurde gegr�ndet. Der anf�ngliche Zulauf hat sich seit den sechziger Jahren kontinuierlich verringert. Erst in den letzten Jahren steigen die Zahlen wieder langsam.

An den Kursen und Jugendfeiern haben dennoch bisher seit 1946 �ber 70.000 Jugendliche teilgenommen. Die Jugendweihe hat also einen kleinen, aber festen Platz im �ffentlichen Leben unserer Stadt.

Es ist heute nicht einfach, Jugendweihe auf den Punkt zu bringen. Einfache Antworten, dies ist gesichertes Selbstverst�ndnis, wollen wir nicht geben. Wir wenden uns an nicht kirchlich gebundene Jugendliche ab 14 Jahren, die f�r sich einen Standpunkt suchen im Proze� des Hineinwachsens in die Erwachsenenwelt.

In vielf�ltiger Weise sind Jugendliche heute gefordert: im pers�nlichen Bereich sind es Fragen der Partnerschaft, Liebe, Sexualit�t; was bedeuten Drogen f�r mich; wie finde ich zu einer gesunden Ern�hrungs- und Lebensweise.

Im gesellschaftlichen Feld geht es um demokratische Mitwirkung, Sorge f�r die nat�rliche Umwelt, aktives Eintreten f�r den Frieden, gewerkschaftliche Aufgaben, internationale Solidarit�t, die Stellung der Geschlechter zueinander.

Jugendliche stehen heute viele Informations- und Beratungsangebote zur Verf�gung. Elternhaus und Schule, vor allem aber die Medien bieten viele Hilfen. Dennoch gibt es Ratlosigkeit und Orientierungsprobleme. Wir - die Kursusleiterinnen und Kursusleiter der Jugendweihe - m�chten Gespr�chspartnerinnen und Gespr�chspartner sein f�r eine kritische Aneignung der menschlichen Geschichte, f�r das Entwickeln von eigenen Bezugspunkten f�r das individuelle Leben und Handeln. Wir sind �berzeugt: mehr denn je kommt es auf jede/n einzelne/n an!

Die Vorbereitungskurse auf die Jugendfeier beginnen gleich nach den Weihnachtsferien und finden einmal w�chentlich statt. Gemeinsam mit den Jugendlichen wird �ber das Programm entschieden. Zus�tzlich bieten wir jedes Jahr Wochenendseminare und Veranstaltungen an, deren Besuch aber freigestellt ist. Auch nach der Feier bieten wir interessierten Jugendlichen noch Fahrten und Wochenendseminare an, die wir gemeinsam mit anderen Jugendverb�nden organisieren.

Wir sind parteipolitisch neutral. Aus unserer Geschichte heraus f�hlen wir uns den Idealen des Humanismus, dem demokratischen Sozialismus, der �kologischen Umgestaltung und einer sozialen und demokratischen Gesellschaftsordnung verbunden.

Die Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe e.V. ist auf sich selbst gestellt. Ihr stehen keine �ffentlichen Gelder zur Verf�gung. Die Eltern des zur Jugendweihe angemeldeten Jugendlichen leisten einen Beitrag von 35 Euro. Geschwister zahlen zusammen 50 Euro, Kinder von Arbeitslosen etc. einen Beitrag von 20 Euro, der die Kosten des Unterrichts und des Gedenkbuches deckt. An der Jugendfeier nehmen die beteiligten Jugendlichen kostenlos teil. Eltern und G�ste zahlen einen Kostenbeitrag von 6 Euro je Person. Haben Sie noch Fragen, rufen Sie uns bitte gerne an! Telefon 040 724 55 45.

Literatur:
ISEMEYER, Manfred/S�HL, Klaus (Hrsg.): Feste der Arbeiterbewegung: 100 Jahre Jugendweihe. Berlin 1989
KRAPP, Gotthold: Die K�mpfe um proletarischen Jugendunterricht und proletarische Jugendweihen am Ende des 19, Jahrhunderts. Berlin 1977
KUTZ-BAUER, H./NEUMANN, K.G. (Hrsg.): Was ist der Mensch, was soll der Mensch? 100 Jahre Jugendweihe Hamburg. Hamburg 1990
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    • Bild: Die Jugendlichen nehmen Abschied von den Lehrern des Vorbereitungsunterrichts. Die Lehrer ermahnen die M�dchen und Jungen, �rechtschaffene Menschen zu werden, das fernere leben ernsthaft zu nehmen und nicht mit Kinderspiel zu vergleichen.� Die Jugendlichen bekr�ftigen diese Ermahnungen und danken ihren Lehrern.

    • Bild: Die Jugendlichen nehmen Abschied von der Kindheit, die personifiziert dargestellt wird.

    • Bild: Die Jugendlichen weisen die Lehren der Kirche zur�ck. Ein Geistlicher verhei�t ihnen: �Meine Lehren f�hren zu Gl�ck und Heil.� Die Jugendlichen antworten: �Geh weg, wir folgen dir nicht, du l�gst, wir bleiben, wo recht und Wahrheit ist.�

    • Bild: Die M�dchen versagen der Mode ihre Gefolgschaft. Die Mode, �ein in Flitter gekleidetes Frauenzimmer�, lockt: �Ich bin eure K�nigin, kommt mit mir, ihr sollt meine Sklavinnen sein.� Die M�dchen antworten: �Das tun wir nicht, wir wollen freie Menschen sein und bleiben und danken f�r diese Zumutung.�

    • Bild: Die Jugendlichen bekennen sich zum Kampf gegen den �Mammon�. Ein Kapitalist sagt ihnen, �er sei ein reicher Mann und brauche viele Arbeiter, sie m�gen ihm folgen, es werde ihnen nicht gereuen�. Die Jugendlichen rufen: �Wir wollen deine Arbeit nicht, du gibst doch nur einen Hungerlohn.�

    • Bild: Die Jugendlichen versprechen der �Gerechtigkeit�, stets ihre Pflichten zu erf�llen. Auf die Ermahnungen der personifizierten Gerechtigkeit erwidern sie, �dass sie ihre Pflicht stets eingedenk sein wollen, wobei sie aber nicht vergessen, zugleich f�r Recht, Wahrheit und Freiheit einzutreten.�

    • Bild: Die Jungen wenden sich gegen Militarismus und Krieg. Der als Offizier personifizierte Krieg lockt die m�nnlichen Jugendweiheteilnehmer mit den Worten: �Folgt mir, ich will euch zu Sieg und Eheren f�hren.� Diese antworten: �Geh weg, wir folgen dir nicht, wir wollen kein Blutvergie�en, wollen auch keine Siege und keine Ehre von dir und keine Br�der morden.�

    • Bild: Ein Arbeiter und eine Arbeiterin rufen die Jugendlichen auf, sich am Kampf der Klasse zu beteiligen. Die Jugendlichen bekennen sich zur Teilnahme am Befreiungskampf der Arbeiterklasse.
  1. Bis 1907 wurden die Schulentlassungsfeiern �Stiftuungsfest der Freidenker-Gesellschaft� genannt. Nach der Bildung des Zentralverbandes proletarischer Freidenker im Jahre 1908 nahmen die Teilnehmerzahlen weiter zu. Es wurde wieder von Schulentlassungsfeiern gesprochen und es nahmen nur noch diejenigen Kinder am vorbereitenden Unterricht teil, die dann zu Ostern auch die Schule verlie�en.



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